Zwischen Leidenschaft und Profit: Die Kommerzialisierung des Simracings
Die Professionalisierung des Simracings hat in vielen Bereichen bemerkenswerte Fortschritte gebracht. Hochwertige Hardware wird zunehmend erschwinglicher, und die Vielfalt an verfügbaren Produkten wächst stetig. Dennoch wirft die fortschreitende Kommerzialisierung auch Schattenseiten auf, die bei vielen Nutzern immer häufiger Frustration hervorrufen.

Ein Geben und Nehmen – Die Simracing-Community wie sie sein sollte
Ein kurzer Rückblick: Früher war die Simracing-Welt geprägt von einer dezentralen, aber eng vernetzten Gemeinschaft, die sich zum Beispiel über zahlreiche Foren und Teamspeak-Server austauschte. Große, zentralisierte Community-Plattformen wie Low Fuel Motorsport (LFM) waren noch Zukunftsmusik, und große Communities eher die Ausnahme. Viele Ligen bestanden aus einer festen Gruppe von Fahrern, die teils über Jahre hinweg gemeinsam und gegeneinander antraten und ihre Server dabei oft sogar selbst hosteten. Bei Setup-Fragen oder technischen Problemen fand man schnell Unterstützung – der Austausch innerhalb der Community war unkompliziert und lieferte zuverlässig brauchbare Lösungen. Die Idee, für solche Hilfe Geld zu verlangen, war damals undenkbar. Im Mittelpunkt stand das Miteinander, geprägt von Leidenschaft und Zusammenhalt.
Kommerzialisierung im Simracing: Ein Boom mit Licht und Schatten
Ein Sprung ins Jahr 2025 zeigt: Simracing hat sich längst aus seiner Nischenexistenz befreit und ist zu einem florierenden Markt geworden, in dem finanzielle Interessen zunehmend die Richtung vorgeben. Die wachsende Zahl an Simracern hat das Angebot an Hard- und Software in den letzten Jahren explosionsartig erweitert. Während man früher als Durchschnittsnutzer quasi nur zwischen Marken wie Fanatec, Logitech und Thrustmaster wählen konnte, präsentieren heute nahezu wöchentlich neue Hersteller innovative Produkte – oft von beeindruckender Qualität.
Gleichzeitig hat unter anderem die Verbreitung von 3D-Druckern eine Welle kleiner Anbieter auf Plattformen wie Etsy oder eBay hervorgebracht, die jedoch nicht immer mit guter Qualität überzeugen können. Manche dieser Anbieter scheinen primär auf schnellen Profit ausgerichtet zu sein, was Käufer vor Herausforderungen stellt. Um Fehlkäufe zu vermeiden, sind gründliche Recherchen, Testberichte aus verschiedenen Quellen oder die Empfehlungen erfahrener Simracing-Kollegen unerlässlich.


Monatliche Gebühren im Vormarsch
In den letzten Jahren haben sich Abo-Modelle im Simracing stark etabliert. Anstelle einmaliger Zahlungen setzen viele Anbieter auf monatliche Gebühren, um ihre Services zu finanzieren. Plattformen wie iRacing, die 13 US-Dollar pro Monat (exklusive Steuern) verlangen, bieten dafür eine klare Gegenleistung: kontinuierliche Weiterentwicklung, regelmäßige Updates und zuverlässige Serverwartung, die ein stabiles und hochwertiges Rennerlebnis gewährleisten.
Doch bei vielen neueren Diensten zeigt sich ein anderes Bild. Häufig starten diese als kostenfreie oder kostengünstige Angebote, werden jedoch zunehmend kommerzialisiert, was bei Nutzern gemischte Gefühle hervorruft. Nachfolgend einige Beispiele für Services mit monatlichen Gebühren:
- Setup-Shops und Coaching (VRS, Grind&Go, Coach Dave, …) Die aktuell meistgenutzten Angebote betreffen die Setup-Shops. Mittlerweile gibt es eine zweistellige Anzahl dieser Shops mit den unterschiedlichsten Angeboten auf dem Simracing-Markt. Die Preise reichen dabei von limitierten Angeboten für rund 5 Euro bis hin zu Coaching-Bundles für teilweise bis zu 100€ pro Monat. In vielen Bereichen kommt man als Gelegenheitssimracer aktuell kaum an diesen Angeboten vorbei, insbesondere Setups sind in den beliebten iRacing-Serien mittlerweile nahezu obligatorisch.
- Overlays (RaceLab, Kapps, …) Overlays sind vor allem in iRacing sehr beliebt – bis endlich das langersehnte UI-Update veröffentlicht wird. Für die Freischaltung von Premium-Funktionen ist ein aktives Abo erforderlich, das meist zu einem Preis von rund 5€ pro Monat verfügbar ist.
- Event-Plattformen (Simracing.GP, LFM, …) Inzwischen bieten sogar Event-Plattformen Komfortfunktionen im Austausch gegen ein aktives Abonnement an.
- SimHub-Profile/Dashboards (Lovely Sim Racing, Daniel Newman Racing, …): Lange Zeit wurde die beliebte und stark communitygetriebene Software SimHub ausschließlich durch die Community entwickelt und kostenfrei angeboten. Mittlerweile gibt es sogar hier kostenpflichtige Inhalte.
Hinzu kommen Angebote wie Trading Paint, AI-Coaching und viele weitere Services, für deren Nutzung eine zusätzliche monatliche Gebühr für Teile ihres Funktionsumfangs verlangt wird. Schnell kommt so eine stolze Summe pro Monat zusammen, die nicht selten einen niedrigen bis mittleren zweistelligen Betrag erreicht. Hier stellt sich die Frage, welche dieser Services ihr Geld wirklich wert sind und ob der Schritt von einem Community-Projekt zu einer Gelddruckmaschine nicht vielleicht etwas zu rasant vorangetrieben wurde.
Beispiel: Daniel Newman Racing – Ein Musterfall für schnelle Kommerzialisierung
Ein gutes Beispiel für die extrem schnelle Kommerzialisierung des Simracings ist Daniel Newman Racing (DNR). Das Projekt startete im Jahr 2024 als kleines Projekt mit dem Namen ‚Lovely Dashboard LED profile‘. Es wurde dabei durch viele in der SimHub-Community beantwortete Fragen und gepostete Inhalte erst ermöglicht. Zu Beginn war es kostenfrei zum Download verfügbar. Fast noch schneller als die Veröffentlichung der LED-Profile folgte die Erstellung eines ersten Kofi-Accounts. Über diesen hatten die Nutzer die Möglichkeit, den Ersteller für einen damals noch kleinen Betrag (2 £ pro Monat) freiwillig für seine Arbeit zu unterstützen. Schon nach wenigen weiteren Wochen folgte die eigene, bald kommerzielle, Website.
For anybody looking for some of the coolest SimHub LED profiles known to us petrol heads .. you can check out my BRAND NEW website that launched tonight. All the downloads are accessible and free, and if you like what you see, you can donate to support me, or join my Discord via that website.
Daniel Newman Racing – SimHub-Discord


Getrieben durch zahlreiche Anfragen an ChatGPT und die SimHub-Community ging die Entwicklung dann nur noch in eine Richtung. Vom anfänglichen „Ziel”, 95 % des Contents kostenfrei anzubieten, konnte schon lange keine Rede mehr sein, denn schnell waren nur noch die absoluten Basis-Features frei verfügbar. Von den ursprünglich angedachten freiwilligen 2 Pfund pro Monat ist man mittlerweile meilenweit entfernt und bietet stattdessen monatliche Mitgliedschaften für bis zu 9 Pfund exklusive Steuern an.


Dabei darf man eines nicht außer Acht lassen: Die Entwicklung eines solchen Plugins sei es die Erstellung von LED-Profilen oder das Design eines Dashboards ist äußerst arbeitsintensiv. Stundenlange Programmierarbeit, Tests und Anpassungen sind erforderlich, um ein Produkt zu schaffen, das den hohen Ansprüchen der Simracing-Community gerecht wird. Viele Nutzer schätzen diese Mühe und nutzen die Angebote von Daniel Newman Racing trotz der hohen Preise aktiv, was den Mehrwert und die Qualität des Angebots unterstreicht. Dies zeigt, dass der Übergang von einem kostenfreien Community-Projekt zu einem kommerziellen Modell auch positive Seiten haben kann, etwa durch kontinuierliche Weiterentwicklung und professionelle Unterstützung, die ohne finanzielle Ressourcen schwer umsetzbar wären.
Dennoch stellt dieser Fall ein Paradebeispiel für die extrem schnelle Kommerzialisierung zunächst frei verfügbarer Community-Projekte dar. Der rasante Wandel von einem freiwillig unterstützten Projekt zu einem kostenpflichtigen Service mit teilweise eingeschränktem Zugang hat bei Teilen der Community gemischte Gefühle ausgelöst. Während einige die Professionalisierung begrüßen, sehen andere darin einen Verlust der ursprünglichen Gemeinschaftskultur.
Closed Source, rechtliche Schritte und DRM?
In der jüngeren Vergangenheit gab es einen Zwischenfall, bei dem ein User das aktuell kostenfrei zum Download angebotene Dashboard von DNR modifizierte, um die aktuellen Telemetrie-Werte für die Simulation Le Mans Ultimate zu unterstützen. Als Reaktion folgte nach einiger Zeit die Aufforderung zur Unterlassung mit zusätzlicher Androhung von möglichen rechtlichen Schritten (Schadensersatz) im Wiederholungsfall. Im Hinblick auf den Beginn des Projekts als ‚Lovely Dashboard LED profile‘ fällt es schwer, hier eine gewisse Ironie zu leugnen. Spätestens jetzt ist die Entwicklung zu einem zu 100% kommerziellen Produkt allerdings wohl kaum noch abzustreiten; der Community-Aspekt ist vollständig verschwunden.
Einige Tage später ergaben sich weitere Fragezeichen bei einer Nachfrage von Daniel Newman Racing auf dem SimHub-Discord bezüglich des Auslesens von PID/VID von angeschlossenen Dashboards. Dadurch wäre es beispielsweise möglich, Dashboards hardwareseitig auszuschließen und eine Art DRM-System einzuführen.


Unbeantwortet Pressenanfrage und Statement
Um Klarheit zu schaffen, wurde am 12. Juli eine Anfrage an Daniel Newman Racing gestellt, die verschiedene Fragestellungen enthielt, unter anderem folgende:
- Ist die Einführung eines DRM-Systems geplant?
- Ist es geplant rechtlich gegen User vorzugehen, welche DNR-Inhalte für nicht-kommerzielle Zwecke modifizieren?
- Beinhaltet das Projekt Inhalte von anderen SImHub-Nutzern oder ist es eine vollständige Eigenentwicklung?
Leider blieb eine Antwort bisher aus. Kurze Zeit später wurde jedoch ein Beitrag auf dem öffentlichen, offiziellen SimHub-Discord gepostet, der den Eindruck erweckt, sich zumindest am Rande auf die Anfrage zu beziehen.
Just catching up on the DNR has “locked a dashboard theme to a manufacturer”. Also seems the usual crowd out in force. DNR built and released the Endurance Dashboard (for free). Just like many other dashboards do (for free). The same Dashboard has a bunch of customisable options and tweaks that can be made for people who pay for them. Again, many dashboards do that also. The same way you can listen to Spotify for free, or pay to remove adds. Similar to many websites or other services. As part of our close relationship with PSE, we have added a theme (literally changed the colours of some elements) for users who use PSE dashboards. Why’s it locked to PSE products? Because it’s their brand colours and uses their logo. I can’t imagine many companies wanting another companies logo slapped all over their products? Why does DNR have a paid product? Because we devote hundreds of hours into creating it, and that costs money as people are paid for their work and time. Not everyone needs to like it or use it, and that’s completely ok. But it’s pretty odd for people who dislike it to react to it by spreading misinformation or just being outrude rude. For those who wish to use it for free, I hope you enjoy it and have lots of fun. For those who wish to use it paid with customisation, thank you for supporting us and I also hope you enjoy it and have fun.
Daniel Newman Racing – SimHub-Discord
Wie sieht die Zukunft des Simracings aus?
Die Zukunft des Simracings steht an einem Scheideweg: Einerseits besteht die Gefahr, die ursprüngliche Leidenschaft der Community zu verlieren, andererseits ist weiteres Wachstum möglich. Die fortschreitende Professionalisierung und Kommerzialisierung bringen zweifellos Innovationen wie hochwertigere Hardware, realistischere Software und größere Plattformen mit sich. Dadurch wird das Genre einem breiteren Publikum zugänglich gemacht. Gleichzeitig droht die zunehmende Monetarisierung – insbesondere durch Abo-Modelle und kostenpflichtige Zusatzinhalte – die Community zu spalten. Gelegenheitsfahrer könnten durch die steigenden Kosten abgeschreckt werden, während die Kultur des selbstlosen Austauschs und der Zusammenarbeit, die Simracing ursprünglich ausmachte, zunehmend in den Hintergrund tritt. Entscheidend wird es sein, ein Gleichgewicht zu finden. Anbieter müssen nachhaltige Geschäftsmodelle entwickeln, ohne die Wurzeln des Simracings – Leidenschaft, Gemeinschaft und Zugänglichkeit – zu opfern. Nur so kann Simracing langfristig sowohl als profitables Unterfangen als auch als lebendige Community bestehen.












