Marvin’s Awesome iRacing App (MAIRA) – Vorstellung und erste Eindrücke
In den Augen vieler Simracer ist iRacing die derzeit umfassendste Simulation. Der unglaubliche Wettbewerb, die Auswahl an Fahrzeugen und Strecken und die Simulation an sich gelten als Benchmark im Simracing. Anders sieht es beim Thema Force Feedback aus, hier gehen die Meinungen teilweise stark auseinander. Während einige Simracer rundum zufrieden sind, gibt es immer wieder Kritik und Begriffe wie „Iceracing“ machen die Runde. Hier kommt die neue App MAIRA (Marvin’s Awesome iRacing App) ins Spiel, die das FFB der Simulation anpassbar macht und zusätzlich einige neue Effekte bietet.

Das Force Feedback in iRacing – Status quo
Wie bereits in der Einleitung erwähnt, gehen die Eindrücke vieler Simracer zum Thema iRacing-FFB teilweise stark auseinander. Viele Nutzer berichten von Problemen, das Verhalten der Fahrzeuge durch das ausgegebene Force Feedback intuitiv spüren zu können. Titel wie Le Mans Ultimate, Automobilista 2 und AC EVO sind hier in den Augen vieler (nicht aller!) User ausgereifter und geben mehr Feedback an den Fahrer. Hinzu kommt, dass die User derzeit kaum Möglichkeiten haben, das Force Feedback in der Simulation selbst nach eigenen Vorlieben einzustellen. Hier stehen lediglich die Optionen Smoothing (glättet FFB-Spitzen über Curbs etc.) und zusätzliches Damping (umgesetzt als künstliche Reibung) zur Verfügung, weitergehende Optionen gibt es jedoch nicht.

Marvin’s Awesome iRacing App (MAIRA)
Die kürzlich veröffentlichte App MAIRA wird seit Dezember 2024 von dem iRacing-User Marvin Herbold kostenlos zur Verfügung gestellt und stetig weiterentwickelt. Der Austausch mit den Nutzern der Software findet über das iRacing-Forum statt, in Zukunft ist auch ein eigener Discord-Server geplant. Wer den Ersteller der App unterstützen möchte, kann dies über einen freiwilligen Spendenlink tun. Derzeit werden unter anderem folgende Features unterstützt:
- 62.5Hz to 500Hz frequency range
- Separate controls for overall strength and detail strength and parked strength
- Oversteer and understeer effect generation (sine wave, sawtooth wave, constant force)
- Soft lock
- Crash protection
- Wheel auto centering when not on track
Download und Installation
Der Download und die Installation sind sehr einfach und in wenigen Minuten erledigt. Über den unten stehenden Link kann die Software heruntergeladen und anschließend wie ein normales Programm installiert werden. Es steht die jeweils aktuellste Version sowie zusätzlich eine Übersicht aller bisherigen Versionen der App zum Download zur Verfügung. Es werden durch die Installation keine Änderungen an iRacing oder der Wheel Base Software vorgenommen.
Einrichtung
Auch die Konfiguration der App ist mit wenigen Handgriffen erledigt. Zunächst muss das Force Feedback in der Simulation deaktiviert werden. Was auf den ersten Blick kontraproduktiv erscheint, ist wichtig, damit es nicht zu einer Überlagerung mit dem eigentlichen FFB und somit zu einem unkontrollierten Verhalten der Base kommt. Dies sollte also unbedingt beachtet werden. Anschließend kann man die MAIRA-App öffnen und unter Device die verwendete Wheel Base auswählen. Mit einem Klick auf „Test“ kann man dann die korrekte Funktion der App überprüfen. Sollte die Base hier keine haptische Rückmeldung geben, hilft ggf. ein Neustart. Im Troubleshooting-Bereich der Website (Link) gibt es zudem einige Hilfestellungen zu verschiedenen Wheel Bases, bei denen zusätzliche Dinge zu beachten sind.
Einstellmöglichkeiten
Was die App aber wirklich auszeichnet, sind die zahlreichen Einstellmöglichkeiten und Features rund um das Thema Force Feedback:
Force Feedback
Das Hauptfenster ist gleichzeitig der „Star“ der Anwendung und bietet verschiedene Einstellungen sowie eine grafische Visualisierung des veränderten Force Feedbacks:
- Wheel Max: Hier wird die maximal verfügbare Kraft der Wheel Base eingestellt. Es wird empfohlen, die Wheel Base im Treiber auf 100% einzustellen, jedoch sollte man hier immer die potentielle Verletzungsgefahr im Hinterkopf behalten.
- Overall Scale: Hier wird die Stärke des Force Feedbacks eingestellt, wobei 100% einer unveränderten Ausgabe der Daten von iRacing entspricht. Zusätzlich kann eine Auto-Funktion aktiviert werden, die die Stärke automatisch einstellt.
- Detail Scale: Das wohl wichtigste Feature ist die Möglichkeit, die Details des Force Feedbacks separat einzustellen. Dadurch können beispielsweise Fahrbahnunebenheiten, Curbs und Gripverluste deutlich detaillierter wiedergegeben werden, ohne das gesamte Force Feedback zu erhöhen. Bei 100% wird das Force Feedback unverändert ausgegeben, bei Werten über 100% wird es entsprechend dem gewählten Faktor verstärkt. Besonders schwache Wheel Bases können davon stark profitieren.
- Parked Scale: Reduziert das gesamte Force Feedback bis zu einer Geschwindigkeit von ca. 20 km/h entsprechend dem gewählten Faktor.
- Frequency: Hier kann eine Frequenz zwischen 62,5 Hz (16 ms) und 500 Hz (2 ms) gewählt werden. Die Software verwendet eine kubische Interpolation (Hermite Interpolation), wobei kein Aliasing auftritt. Die meisten modernen Wheel Bases unterstützen die vollen 500 Hz (nicht zu verwechseln mit der 360 Hz Kompatibilität in iRacing).
- Graph: Im unteren Bereich des Fensters kann ein FFB-Graph eingeblendet werden, der neben der von iRacing vorgegebenen FFB auch die von der App veränderte FFB anzeigt. Hier kann auch ein eventuelles Clipping erkannt werden, welches durch eine Warnmeldung angezeigt wird.
- Button Mappings: Für die Änderung der Overall Scale und der Detail Scale können in der App Buttons auf z.B. eine Button Box oder das verwendete Lenkrad gemappt werden. So können die beiden Einstellungen während der Fahrt angepasst werden, ohne in die App navigieren zu müssen.

Steering Effects
Zusätzlich können dann noch zwei künstliche Effekte hinzugefügt werden:
- Understeer: Hier wird in Abhängigkeit von der Yaw Rate eine Range für den unteren und oberen Yaw Rate Factor eingestellt (Yaw Rate Factor = SteeringAngle x CarSpeed / YawRate), in welcher der Understeer-Effekt aktiv ist.
- Oversteer: Hier ist nicht die Yaw Rate für den Effekt ausschlaggebend, sondern die Geschwindigkeit in Y-Richtung, die über die wählbare Range bestimmt, wann der gewünschte Effekt eintritt.
Für beide Situationen können vier verschiedene Effekte eingestellt werden:
- Sine Wave Buzz
- Sawtooth Wave Buzz
- Reduce Force
- Increase Force
Standardmäßig ist eine Vibration für Untersteuern und eine Erhöhung der FFB für Übersteuern konfiguriert.
Beide Effekte müssen derzeit für jedes Fahrzeug einzeln konfiguriert werden. Dazu muss man sich selbst auf die Strecke wagen, um jeweils den richtigen Zeitpunkt zu finden, ab dem das Unter- bzw. Übersteuern einsetzt. Eine grafische Hilfe dazu ist unter dem Unterpunkt „Skid Pad“ zu finden.

Low Frequency Effects
Eine weitere zusätzliche Effektmöglichkeit wird durch die Installation der Software Virtual Audio Cable realisiert. Über diese Schnittstelle werden dann die LFE (Low Frequency Effects) von iRacing als FFB ausgegeben, die normalerweise für den Einsatz mit Bassshakern vorgesehen sind. Über SimHub lassen sich zudem eigene Custom-Effekte realisieren, was theoretisch ganz neue Möglichkeiten eröffnet.
Sonstige Effekte
Aber das ist noch nicht alles. Neben den Haupteffekten gibt es eine Reihe weiterer Features, die für den einen oder anderen Nutzer durchaus hilfreich sein könnten. Dazu gehören unter anderem
- Soft Lock: Ermöglicht die Begrenzung des Lenkradwinkels
- Auto Centering: Zentrierung des Wheels außerhalb der Simulation
- Crash Protection: Begrenzung des maximalen FFBs ab einem vorgegebenen G-Force-Wert bei Crashs.
- ABS Sound: Sound bei aktivem ABS
- Spotter: Custom Spotter (WIP)
Fahreindruck
Fazit
Marvin’s Awesome iRacing App (MAIRA) ist eine wunderbar einfach zu bedienende Software, die es mit wenigen Mausklicks ermöglicht, Details des Force Feedbacks zu verstärken oder sogar ganz neue Effekte hinzuzufügen. Auch wenn das Thema Force Feedback sehr subjektiv ist, machen die ersten Teststunden definitiv Lust auf mehr. Durch die stärker wahrnehmbaren Details wirkt die Rückmeldung am Lenkrad deutlich lebendiger und man spürt (zumindest gefühlt) das Verhalten des Autos deutlich besser. Sicherlich sind gerade die zusätzlich möglichen, optionalen, künstlichen Effekte nicht jedermanns Sache, aber man kann sie bei Nichtgefallen auch einfach abschalten. Gerade Nutzer mit Wheelbases im Einsteigerbereich dürften von einer Detailanhebung profitieren, da man sich sonst bei vergleichbarer FFB-Detailwiedergabe bereits zwangsläufig im Clpping-Bereich befinden würde.
Optional bietet die Software abseits der Haupteffekte eine Vielzahl nützlicher Kleinigkeiten, die entweder das Leben etwas angenehmer machen oder interessante Optionen wie die Nutzung der SimHub-Parameter zur Ausgabe des Force-Feedbacks ermöglichen.
Insgesamt ist die App schon nach kurzer Entwicklungszeit für viele zu einem Produkt mit echtem Mehrwert geworden. Man fragt sich fast, warum viele der Features nicht schon seit Jahren nativ in iRacing integriert sind. Es sei daher jedem ans Herz gelegt, Marvin’s Awesome iRacing App selbst einmal auszuprobieren. Denn ausprobieren kostet nichts und bei Nichtgefallen ist die App mit einem Mausklick wieder deaktiviert.